Luftnummer Scholz

Die Ernennung – und Selbsternennung – von Olaf Scholz zum Kanzlerkandidaten kann nur als „Luftnummer“ charakterisiert werden.

Scholz palavert von einer 20 – 30%igen SPD als Mehrheitspartei und von einer rot-rot-grünen Regierungskoalition unter einer Mehrheitsführung der SPD, für die ebenso wenig eine Mehrheit existiert.

Die Realität ist: nach einem schon Jahre dauernden Selbstzerstörungsprozess kommt die SPD nicht aus ihrer Existenzkrise.

Die SPD, die ihre gesellschaftliche Basis und politische verloren hat, „lebt“ vor allem – als Exekutivorgan des Staates – durch die Umsetzung der vom Finanzkapital diktierten Politik. Für die Massen spielt diese Partei keine Rolle mehr.

Scholz, der der Hauptverantwortliche für eine jahrelange Politik ist, die die SPD in den Absturz getrieben hat, präsentiert sich und wird vom Spitzenapparat der SPD  als der Mann präsentiert, der diese Partei aus der Existenzkrise befreien will und soll. Er soll sie aus dem Prozess der Selbstzerstörung rausführen, die das Ergebnis ihrer Unterwerfung unter die Agenda-Politik ist, für die Scholz als Parteichef unter Schröder der wichtigste Werkmeister war.

Er war es, der für deren Fortsetzung in allen weiteren Regierungen gesorgt hat: für die Politik des Kaputtsparens unter dem Diktat der Schuldenbremse und der Zersetzung der durch Flächentarifverträge gesicherten Beschäftigungsverhältnisse, eine historische Errungenschaft des Sozialstaates.

Schon anlässlich der Kandidatensuche für einen neuen Parteivorsitzenden hatte die zurückgetretene Kandidatin Simone Lange Scholz die Mitverantwortung für den Einsturz der SPD in den letzten Landtagswahlen in Sachsen und Brandenburg vorgeworfen, in der alle Agenda-Parteien die vertiefte Ablehnung durch die Mehrheit des Volkes mit bitteren Verluste bezahlt hatten. Scholz solle, so Lange, „im Angesichte dieser Ohrfeige des Wählers sich wirklich fragen, ob er den Neuanfang symbolisieren und verantworten kann”.

Es ist bezeichnend, dass für die Ernennung von Scholz zum Kanzlerkandidaten ein SPD-Parteitag vermieden und diese Entscheidung von dem SPD-Spitzenapparat übernommen wird. Schließlich hat man in der Partei-Führung nicht vergessen, dass es noch kein Jahr her ist, als am 30. November 2019 eine Mehrheit der SPD-Mitglieder Scholz den Parteivorsitz verweigert hat, worin – wenn auch minimal – der Reflex des Widerstandes der Partei zu erkennen ist.

Kevin Kühnert, noch Juso-Vorsitzender, begrüßt und unterstützt heute im Namen des gesamten SPD Apparates, einschließlich der angeblichen SPD-Linken, die Kandidatur von Scholz auf der Grundlage eines von der gesamten Parteiführung getragenen Programms angeblicher sozialer Korrekturen an der Agenda-Politik.

Ein Beispiel dieser betrügerischen Korrekturen an der fortgesetzten Agenda-Politik haben Scholz und Arbeits- und Sozialminister Heil (SPD) mit der Grundrente geliefert, die einer kleinen Minderheit erlaubt, aus der Elends- in die Armutsrente zu wechseln und die die dramatische Ausweitung der Altersarmut nicht verhindert. (s. u.a. „Soziale Politik & Demokratie“, Nr. 427;. und „Halbzeitbilanz der Groko“, Nr.422)

Scholz ist Garant für die Umsetzung einer verschärften Agenda-Politik im Interesse des Finanzkapitals. Unter seiner Federführung wird die Staatsgewalt immer konsequenter den Finanzinvestoren – und Spekulanten übereignet. (s. auch Artikel „Staatskrise“ in der letzten Nummer der „Sozialen Politik & Demokratie“)

Dafür steht unmissverständlich die Berufung seiner Staatsekretäre Jörg Kukies und Werner Gatzer.

Der Investmentbanker Jörg Kukies ist direkt von seinem Posten als Ko-Chef der Deutschlandvertretung von Goldmann-Sachs in das Finanzministerium gewechselt.

Unter dem Diktat der Krisenanforderungen des Finanzkapitals schmiedete Scholz mit Kukies die 1,2 Billionen „Bazooka“ und weitere milliardenschweren Rettungsschirme für Unternehmen und Banken. Sie bedienen die Finanzmärkte und -Spekulation, garantieren die Dividenden und Rendite der sogenannten Finanzinvestoren.

Für die Arbeiter bleibt die Verurteilung zu Lohnkürzungen und Kurzarbeit, finanziert von ihrer Arbeitslosenkasse. Die Deregulierung der Beschäftigungsverhältnisse und Tarifflucht, die Scholz als Erfüllungsgehilfe des Finanzkapitals forciert, bezahlen Millionen Arbeitnehmer*innen mit einem weiteren Anwachsen des Niedriglohnsektors und prekärer Arbeit, mit der Zersetzung der Flächentarifverträge, mit massiver Arbeitsplatzvernichtung. Die von den Unternehmern geforderte Senkung der Kosten der Arbeit zeigt sich inzwischen darin, dass die Brutto-Monatsgehälter um 2% gesunken sind.

Der von Scholz ernannte Staatssekretär Werner Gatzer hat sich vor allem als Verteidiger der Schuldenbremse und Architekt der „schwarzen Null“ verdient gemacht. Er soll für die unbedingte Einhaltung der Schuldenbremse bürgen. In ihrem Namen soll die gigantische Staatsverschuldung, verursacht durch die „Kapital-Rettungsschirme“, mit einer neuen Offensive der Kaputtsparpolitik gegen die Kommunen, Schulen und Krankenhäuser auf die werktätige Bevölkerung und Jugend abgewälzt werden. Die Folge ist eine weitere Verwüstung der sozialstaatlichen Infrastruktur.

Kein Cent findet sich in der Kasse des Finanzministers für mehr Personal an Krankenhäusern und Schulen. Der Investitionsrückstand an den Schulen stieg auf die horrende Summe von 44,2 Milliarden (KfW-Bank). Die hoch verschuldeten Kommunen stehen vor einem Abgrund.

Die gesellschaftliche Mehrheit, die arbeitende Bevölkerung und Jugend, lässt sich durch die betrügerischen Korrektur-Reformen an der Agenda nicht über den tatsächlichen arbeitnehmerfeindlichen und zerstörerischen Charakter dieser Politik hinwegtäuschen.

Scholz – erst recht – wird nicht verhindern können, dass die SPD in den kommenden Wahlen von den Wähler*innen abgestraft wird. Für sie ist und bleibt Scholz ein entschiedener Repräsentant eines gewaltigen Umverteilungsprogramms zugunsten des Kapitals.

Carla Boulboullé,

 

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